Alles hybrid oder was?
Nicht zuletzt durch die Explosion der Mobilitätskosten wird die temporäre Remote-Arbeit auch künftig zum Alltag gehören. Alle Welt spricht deshalb von hybrider Büroarbeit. Doch was heißt das eigentlich?

Abgeschirmte Besprechungsinsel für Rückzug und hybride Zusammenarbeit vor Ort im Büro.
Die Pandemie ist hoffentlich bald Geschichte. Doch die Büroarbeit wird auch danach nicht mehr so sein wie zuvor. Nach anfänglicher Euphorie darüber, was alles im Homeoffice geht, haben wir inzwischen schmerzvoll auch die Grenzen erfahren: Voneinander lernen, Gemeinschaftsbildung, Veränderungs- und Innovationsprozesse – all das, was gebraucht wird, um die aktuell so großen Herausforderungen zu meistern, ist „remote“ kaum zu bewerkstelligen. „Hybride“ Büroarbeit lautet deshalb das „Buzz-Word“ der Stunde. Das ist eigentlich nichts neues: Weil sich am Computer reale und virtuelle Welt vermischen, wird die Büroarbeit bereits seit langem als „hybrid“ bezeichnet. Jetzt treten neben die Mischung aus analog und digital allerdings auch Mischformen unterschiedlicher Arbeitsorte. Die Büroarbeit wird also in doppeltem Sinn hybrid. Deshalb lohnt sich ein genauerer Blick auf die unterschiedlichen Situationen und Prozesse hybrider Büroarbeit.
Konzentriert allein zu Hause oder anderswo
Im Unterschied zur dauerhaften „Telearbeit“, bei der gemäß Arbeitsstättenverordnung ein vollwertiger Arbeitsplatz zu schaffen (und zu kontrollieren) ist, meint „Remote-Work“ das temporäre Homeoffice-Arbeit ebenso wie das Arbeiten im Zug, im Café oder auch bei einem Anbieter von Coworking-Arbeitsplätzen. Dank smarter Bürotechnik und Cloud-Computing ist die klassische Hybridarbeitsform der „Mensch-Computerinteraktion“ heute tatsächlich unabhängig geworden von Raum und Zeit. Allerdings haben die zahlreichen Studien zum mobilen Arbeiten im Homeoffice während der Pandemie gezeigt, dass auch hier in Mindestvoraussetzungen für produktives und gesundes Arbeiten investiert werden sollte. Denn Übergewicht, Rückenschmerzen und psychische Belastungen haben deutlich zugenommen. Neben Datensicherheit, stabilem Internet und guter Hard- und Software geht es deshalb vor allem um Bewegungsförderung, Beleuchtung, Blendschutz und visuelle sowie akustische Abschirmung, um die Konzentration zu erleichtern und Störfaktoren zu reduzieren.
Zusammenarbeit: gemeinsam einsam
Sind Kommunikation und Zusammenarbeit der mobil Arbeitenden gefragt, ändern sich mit den Anforderungen auch die möglichen Orte der hybriden Büroarbeit. Mit der Pandemie sind Besprechungen, Seminare und Konferenzen per Zoom, Teams und ähnlichen Tools zum selbstverständlichen Bestandteil mobiler Büroarbeit geworden. Kamerahöhe, Mikrofon, Licht und Hintergrundbilder sowie Diskretion und Störungsfreiheit sind Grundvoraussetzungen für eine gelingende hybride Zusammenarbeit. Und damit scheiden dafür Orte wie Cafés, Hotellobbys oder ein offener Coworking Space aus. Doch auch sonst bleibt diese Form der Zusammenarbeit eine „Krücke“: Der Blickkontakt funktioniert bei der Video-Telefonie nur im Zweiergespräch – und je größer die Gruppe, desto mehr nehmen Verbindlichkeit, Interaktion und Aufmerksamkeit der Teilnehmenden ab. Wer hört nicht selbst manchmal nur noch mit einem Ohr zu und versucht, nebenbei anderes zu erledigen? Im Ergebnis hat man weder das eine richtig mitbekommen noch das andere gut gemacht. Deshalb sind hier strikte Spielregeln gefragt, die bei Face-to-Face-Begegnungen durch die soziale Kontrolle ganz automatisch gelten: Immer sicht- und hörbar sein, keine Nebentelefonate und keine Fremdbeschäftigung.

Weil die Gewohnheiten aus der mobilen Büroarbeit bei der Rückkehr ins Büro mitgenommen werden, finden inzwischen auch dort virtuelle Begegnungen und Konferenzen am Schreibtischarbeitsplatz statt. Das führt zu absurden Situationen: Teilnehmer, die im gemeinsamen Raum sitzen, hören sich sowohl über den Kopfhörer wie auch live, vom Lärmpegel und der Ablenkung für die anderen im Büro ganz zu schweigen. Der Schreibtisch sollte im Büro daher unbedingt für die Stillarbeit reserviert sein. Für die hybriden Meetings im Büro sind aber neue Spielregeln und Raumkonzepte gefragt.
Team trifft Singles
Für Besprechungen und Konferenzen im Büro, bei denen einzelne Teilnehmer zugeschaltet werden, sollte die Gruppe unbedingt einen abgeschirmten Bereich oder einen eigenen Raum aufsuchen. Denn nur in der Zusammenarbeit am gemeinsamen Tisch lassen sich die erwünschten Vorteile einer Face-to-Face-Begegnung auch wirklich nutzen. Bei kleinen Besprechungen mit zwei bis vier Teilnehmern reichen dafür U-förmig abgeschirmte Besprechungsinseln. Bei größeren Gruppen empfehlen sich Räume, die mit mobilen Tischen ausgestattet im Handumdrehen für die Teilnehmerzahl konfiguriert werden können. Hier sind die externen Teilnehmer per Display oder Wandprojektion virtuell dabei. Zu beachten ist, dass Tischaufstellung, Displaygröße und -ausrichtung sowie Kameraposition und -fokus den Blickkontakt in beide Richtungen ermöglichen. Auch die Beleuchtung muss stimmen, damit die Gesichter auch für die Remote-Teilnehmer erkennbar sind. Mittig platzierte 360°-Mikrophone mit integrierten Lautsprechern sorgen für eine gute Tonübertragung. Manche Experten empfehlen auch für diese Form der hybriden Zusammenarbeit die Kommunikation der räumlich versammelten Teilnehmer per eigenem Laptop, um eine Benachteiligung der Zugeschalteten zu vermeiden. Das aber führt die Face-to-Face-Situation ad absurdum! Sinnvoller erscheint es, jemanden zu bestimmen, der in der Gruppe den Rechner bedient und als Moderator strikt darauf achtet, dass auch die Remote-Teilnehmer zu Wort kommen. Die neuen Formen der Zusammenarbeit erfordern eben neben der entsprechenden technischen und räumlichen Ausstattung in erster Linie Verhaltensänderungen!
Team trifft Team
Die dritte Form hybrider Zusammenarbeit umfasst Gruppen, die an unterschiedlichen Orten zusammensitzen. Hier sind möglichst identische Settings wie oben beschrieben gefragt, um gleiche Voraussetzungen an den verschiedenen Standorten zu schaffen. Sind diese Formen der Videokonferenz mit einer zumindest ähnlichen Teilnehmerzahl die Regel, empfehlen sich speziell ausgestattete Video-Konferenzräume: Wird etwa eine halbkreisförmige Konferenztischanlage vor der Monitorwand am anderen Standort gespiegelt, sind die Teilnehmer in der Videokonferenz virtuell an einem Tisch versammelt. Soll das Setting dagegen variabel für ausschließlich analoge oder aber hybride Teambesprechungen und Konferenzen genutzt werden, bieten „Scherentische“ und Drehstühle auf Rollen passende Lösungen. V-förmig aufgezogen, ermöglichen die Scherenhälften einen guten Blickkontakt zur zugeschalteten Gruppe, geschlossen bietet die dann ovalförmige Tischform ein kommunikatives Setting für die Präsenz-Besprechungen.
Last but not least sollte neben hybrider Einzelarbeit und hybriden Formen der Zusammenarbeit auch die Gestaltung als dritte „Hybrid“-Dimension beachtet werden: Remote-Arbeit erfordert im Sinne der Produktivität und Gesunderhaltung eine Professionalisierung des Umfelds in der Wohnung, während umgekehrt die Büroausstattung wohnlicher zu sein hat, um die Menschen zumindest für die temporäre Rückkehr ins Büro zu gewinnen!