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Die News Oktober 2021

Bestimmung finden

Wittener Kongress für Familienunternehmen im Februar

Der Wittener Kongress für Familienunternehmen lädt am 11. und 12. Februar 2022 zum 24. Mal zum gemeinsamen Austausch nach Witten/Herdecke ein. Das studentische Organisationsteam der Universität hat sich im Vorfeld dazu für ein Interview mit Detlev Höhner, dem geschäftsführenden Gesellschafter des Unternehmens Murtfeld, getroffen. Der Senior-Unternehmer ist Partner des Kongresses.

Florens de Wyl
Lesezeit: ca. 5 Minuten
Dana Schmidt

Herr Höhner, bitte stellen Sie kurz Ihr Unternehmen vor.

Mein Großvater Fritz Murtfeldt gründete 1954 ein kleines, technisches Handelsunternehmen, das Industrieartikel aller Art für den Bergbau und die Schwerindustrie lieferte. Im Maschinenbau wurde zu der Zeit lediglich ein Kunstharzpressholz eingesetzt, wo später Kunststoffe Verwendung fanden und Murtfeldt mit seinem eigenen Kunststoff so erfolgreich wurde. Basierend auf eigenen Entwicklungen und Anwendungen unserer Kunststoffe erkannten wir die zunehmende Bedeutung der technischen Kunststoffe im Maschinenbau. Deshalb begannen wir Mitte der 80er-Jahre, unser Unternehmen neu aufzustellen und den Fokus auf die Herstellung, die Verarbeitung und den Einsatz von Kunststoffen im Maschinenbau zu legen.

Der Titel des diesjährigen Kongresses lautet „Bestimmung finden“. Inwieweit können Sie diesen Strukturwandel mit dem Titel in Verbindung bringen?

Mit dem sich nähernden Ende der Ära des Bergbaus und der Stahlindustrie wurde deutlich, dass der technische Handel für Murtfeld keine Zukunft hat. Wir haben schrittweise begonnen, unseren Fokus auf technische Kunststoffe zu legen. Dabei war es wichtig, entsprechende eigene Rezepturen zu entwickeln und Wissen in Produktion und Verarbeitung selbst aufzubauen, um mit sich mit eigenen Innovationen von Mitbewerbern abzusetzen.

Detlev Höhner ist geschäftsführender Gesellschafter des Familienunternehmens Murtfeld und Partner des 24. Kongresses für Familienunternehmen. Murtfeldt

Betrachten Sie den Wandel als abgeschlossen?

Wandel ist nie abgeschlossen. Heute gilt es mehr denn je zu schauen, was in der Welt geschieht, um entsprechend auf die aktuellen Herausforderungen zu reagieren. Auffallend ist, dass diese Zeit der Analyse und die Zeit, daraus Entscheidungen zu fällen, eigentlich immer kürzer geworden ist. Wir fällen heute wesentlich mehr Entscheidungen in einem Jahr als wir das früher in zehn Jahren getan haben.

Würden Sie sagen, dass Ihr Unternehmen nachhaltig ist?

Wir haben als Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit immer ernst genommen. Deshalb erzeugen wir seit Jahrzehnten Strom über Solarenergie, reduzieren unseren Müll und sämtliche Energieverluste auf ein absolutes Minimum. Zudem führen wir die bei der Produktion anfallenden Reste unserer Kunststoffe in Recyclingkreisen zurück in die Wiederaufbereitung und bringen diese als Werkstoff zweiter Güte zur erneuten Verwendung. Dieses Handeln entsprang bei uns immer unserer eigenen Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, etwas, das wir nie besonders betont haben. Allerdings haben wir erkannt, dass ein Darüber-Sprechen“durchaus sinnvoll ist, um auch Kunden, Lieferanten und Mitbewerber für das Thema zu sensibilisieren.

Empfinden Sie es als Selbstverständlichkeit, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen?

Uneingeschränkt ja. Ein Unternehmen ist irgendwo lokal verankert, es ist Teil einer Gesellschaft und wenn das Unternehmen mit seinen finanziellen Möglichkeiten sowie mit seinem Netzwerk die Möglichkeit hat, aktiv zu werden, dann ist das auf jeden Fall eine Aufgabe des Unternehmens. Der Sinn eines Unternehmens liegt nicht nur im wirtschaftlichen Handeln, sondern auch darin, gesellschaftlich einen Beitrag zu leisten.

Das Organisationsteam des Kongresses: Leron von Lupin, Anika Sprakel, Salomon Heß, Daniel Niewrzol, und Florens de Wyl (v.l.) Wifu

Vor welchen Herausforderungen stehen Sie aktuell als Unternehmer?

Das Thema des Klimawandels wird sicherlich die zentrale Herausforderung in den nächsten Jahrzehnten sein. Darüber hinaus bewegen sich die meisten Unternehmen in Märkten mit einer hohen Sättigung und Transparenz. Das heißt also, der Wettbewerb wird immer größer und Produkte wie auch Dienstleistungen werden immer austauschbarer. Unternehmen müssen in einem solchen Umfeld innovativ sein. Um eine Zukunft zu haben, dürfen Sie den Wettbewerb keinesfalls nur über den Preis führen.

Eine weitere Herausforderung liegt in der Gewinnung von Nachwuchstalenten. Das hat es früher in dem Sinne nicht gegeben. Ein Unternehmen muss heute für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter attraktiv sein, denn diese arbeiten heute nicht mehr aus reinem Gelderwerb, sondern suchen auch einen Sinn in ihrer Tätigkeit. Wie tickt ein Unternehmen? Welche Produkte stellt es her? Wie geht das Unternehmen mit seiner gesellschaftlichen Verantwortung um? Das sind alles Fragen, die sich Menschen heute stellen und von einem Unternehmen auch beantwortet sehen möchten.

Haben Sie bei Murtfeld einen Weg gefunden, den Mitarbeitenden das Gefühl zu geben, wirklich Teil des unternehmerischen Geschehens zu sein?

Ich denke ja. Das Feedback unserer Mitarbeitenden bestätigt das. Wir sehen unsere Mitarbeitenden als Mitunternehmer und laden alle kontinuierlich dazu ein, an unserer Jahreszielplanung mitzuwirken. Dabei wird jeder einzelne Bereich des Unternehmens durchleuchtet. Außerdem leben wir eine flache Hierarchie, die Türen sind offen, jeder Mitarbeitende kann zu jedem Thema jederzeit etwas sagen. Damit versuchen wir, das Expertenwissen der Mitarbeiter zu nutzen. Im eigenen Bereich weiß der Mitarbeiter tatsächlich viel besser Bescheid, als ich es von außen je könnte. Unsere Idee ist, das Unternehmen als die Summe vieler kleiner Unternehmen mit vielen Unternehmern zu sehen. Und die Geschäftsführung hat darin die Aufgabe, die vielen Teilsummen zu einer Gesamtsumme zusammenzuführen.

Wo wir schon gerade davon sprechen wie es in Zukunft weiter geht: Spielt denn das Thema Nachfolge für Sie bereits eine Rolle?

Ja, ohne Zweifel. Es ist für ein Familienunternehmen immer schön, wenn es innerhalb der Familie weiter geht. Das wird bei uns glücklicherweise auch der Fall sein. Wenn es aber niemanden in der Familie gibt, der einen solchen Staffelstab übernehmen möchte oder kann, dann muss man das auch akzeptieren und im Sinne des Unternehmens eine bestmögliche Lösung finden. Es darf nicht den automatischen Zwang geben, dass ein Familienmitglied das Unternehmen übernimmt. Das ist weder für das Familienmitglied noch für das Unternehmen zielführend.

Was wäre die wichtigste Botschaft, die Sie Ihrer nachfolgenden Generation mitgeben wollen?

Das A und O ist das Thema Sicherheit und Stabilität. Familienunternehmen stehen für Langfristigkeit – und das muss jeder, egal ob Führungskraft oder Mitarbeiter erkennen. Ein Familienunternehmen fällt heute Entscheidungen und investiert in Themenfelder, die hoffnungsvoller Weise auch in zehn Jahren noch relevant sind. Unternehmen, deren einziges Ziel es ist, in den nächsten fünf Jahren die Gewinne zu optimieren, um die eigenen Aktionäre zufriedenzustellen, tun das nicht.

Jetzt anmelden

Wenn Unternehmer sich die Frage nach der eigenen Bestimmung stellen, finden sie sich in etwas Größerem wieder: In einer Volkswirtschaft und in einer Gesellschaft, für die sie einen Mehrwert bieten. Vom potenziellen Nachfolger bis zum Senior lädt das studentische Organisationsteam des Kongresses alle Generationen des Familienunternehmertums herzlich dazu ein, an Fortbildung, am Austausch und am Netzwerken teilzunehmen. Jetzt für den 11. und 12. Februar vorbehaltlich anmelden.

www.familienunternehmer-kongress.de

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