Transport & Logistik
Die News Januar/Februar 2021

Effizienz erhöhen

Wie die Impfstofflogistik noch besser laufen könnte

Der auf die Pharma- und Gesundheitsbranche spezialisierte Logistikdienstleister Transoflex ist am Transport von Corona-Impfstoffen an Impfzentren beteiligt. Firmenchef Wolfgang P. Albeck erläutert im Interview, was die Herausforderungen der Impfstofflogistik sind, wie die Bundesländer künftig entlastet werden und noch effizienter arbeiten können.

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Ist die Logistik ein Engpassfaktor für die Verbreitung der Impfstoffe?

Für Deutschland, aber auch für Europa kann man das nach Lage der Dinge ausschließen. Natürlich wäre es gut, wenn schon mehr geimpft werden könnte. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass es sich wirklich um eine Pandemie handelt. Es gibt weltweit ein und dasselbe Problem: Es konnte noch nicht genug Impfstoff produziert werden. Wir sollten froh und dankbar sein, dass Wissenschaft, Unternehmen und Regierungen überhaupt in so relativ kurzer Zeit wirkungsvolle Impfstoffe entwickelt, geprüft und zugelassen haben. Das war und ist eine herausragende Leistung! Und die für Deutschland bisher gelieferten Mengen wurden in kürzester Zeit wie geplant verteilt.

Gab es da keine Pannen?

Es wäre verwunderlich, wenn bei dieser großen Aktion trotz sorgfältiger Planung nicht der eine oder andere Fehler vorkommen würde. Wir sind aber sehr froh, dass es in der von uns verantworteten Impfstofflogistik bisher nicht vorgekommen ist. Das zeigt uns, dass unsere Prozesse und auch die besonderen Lösungen, die wir hier anwenden, stabil und effizient sind.

Für welchen Teil der Impfstofflogistik ist Transoflex zuständig?

Wir haben nach mehreren Ausschreibungsrunden vom bayerischen Gesundheitsministerium Aufträge erhalten, die landesweite Verteilung von den bayerischen Lagerstätten der Corona-Impfstoffe an rund 100 verschiedenen Orten sicherzustellen.

An welche Voraussetzungen war die Auftragsvergabe geknüpft?

Voraussetzung für die Erteilung des Zuschlags war vor allem, dass bei jedem möglicherweise genutzten Prozess – von der Entgegennahme der Ware über Lagerung, Kommissionierung bis zum Transport der Impfstoffe – die sogenannten EU-GDP eingehalten werden. Das sind jene besonderen Leitlinien der Europäischen Kommission, die seit dem 5. November 2013 für die gute Vertriebspraxis von Humanarzneimitteln (GDP) gelten. Dazu zählt insbesondere die durchgehende Gewährleistung der Kühlkette. Während der gesamten Transportkette, also auch bei Zwischenlagerung oder beim Umschlag, muss die jeweils vorgeschriebene Temperatur gewährleistet sein. Der Temperaturverlauf muss permanent elektronisch aufgezeichnet und manipulationssicher dokumentiert und gespeichert werden. Dies beinhaltet die Erfüllung entsprechender Anforderungen an geeignete Lager- und Kommissionierstätten, an Kühlfahrzeuge und Transportboxen sowie nicht zuletzt die Eignung und Schulung des Personals. Als führendes deutsches Unternehmen für die bundesweite Verteilung von Arzneimitteln erfüllen wir diese Voraussetzungen seit Jahren.

Der Logistikdienstleister Transoflex versorgt Impfzentren mit dem Corona-Impfstoff. trans-o-flex

Gibt es logistische Besonderheiten bei diesem Auftrag?

Oh ja, da gibt es einige! Beispielsweise ist eine hohe Flexibilität erforderlich, da es auf der letzten Meile auch kurzfristige Änderungen geben kann. Der vielleicht gravierendste Unterschied ist aber, dass für die ersten beiden in der EU zugelassenen Corona-Impfstoffe andere Stabilitätsdaten vorliegen und deshalb andere Lager- und Transportbedingungen gelten als für herkömmliche Impfstoffe. Der erste zugelassene Impfstoff von Biontech/Pfizer wird vom Hersteller aus zunächst in mit Trockeneis gekühlten Spezialverpackungen bei minus 70 Grad Celsius transportiert und anschließend bei dieser Temperatur zwischengelagert. Der zweite zugelassene Impfstoff von Moderna muss bei minus 20 Grad befördert werden und wird deshalb ebenfalls in speziellen Boxen transportiert.

Welche Transportbedingungen gelten sonst für Impfstoffe?

Normalerweise werden Impfstoffe als kühlkettenpflichtige Produkte eingestuft, die bei einer Temperatur von zwei bis acht Grad Celsius – landläufig als Kühlschranktemperatur bekannt – gelagert und transportiert werden müssen. Die Einhaltung der Temperaturzone ist ein wesentlicher Garant für die Wirksamkeit. Für solche Produkte haben wir ein eigenes Netzwerk, in dem wir die Einhaltung des Temperaturbereichs automatisch messen, steuern und dokumentieren. Das geht bis zu Fahrzeugen, die aktiv zwischen zwei und acht Grad Celsius temperiert werden. Damit verteilen wir beispielsweise einen Großteil der Grippeimpfstoffe in Deutschland. Der große Vorteil der aktiven Temperierung ist hierbei, dass für die Einhaltung der Kühlschranktemperatur keine zusätzlichen Spezialbehälter benötigt werden. Solche Behälter machen die Transportkette teurer und aufwändiger, denn die Behälter erhöhen das frachtpflichtige Gewicht, sie müssen außerdem zurückgeführt werden, damit sie wiederverwendet oder entsorgt werden können, es werden zusätzliche Kühlmittel und Temperaturschreiber benötigt.

Wie läuft die Temperaturdokumentation bei Ihnen im Unternehmen?

In unserer aktiven Temperierung haben wir eine komplett automatische Messung, Steuerung und Dokumentation der Temperatur. Das betrifft sowohl die Temperatur bei Lagerung und Umschlag als auch beim Transport in den Fahrzeugen. Versender wie Empfänger können den gesamten Temperaturlebenslauf jeder Sendung online einsehen. Wir haben in Deutschland und in weiteren europäischen Ländern flächendeckende Netzwerke eigens für den Transport von Arzneimitteln mit aktiver Temperaturführung aufgebaut. Dadurch bestünden auch Möglichkeiten, die Effizienz der Impfstoffverteilung noch zu erhöhen.

Wie sähe das aus?

Bei den ersten beiden Impfstoffkandidaten sind die Gestaltungsmöglichkeiten relativ begrenzt, solange deren Stabilitätsdaten bei Plusgraden relativ gering sind und deshalb für die Distributionslogistik nur sehr kurze Zeitfenster vorgesehen sind. Dann besteht praktisch keine andere Möglichkeit, als diese Impfstoffe in Direktfahrten zuzustellen, wie es aktuell der Fall ist. Bei der Distribution weiterer Impfstoffkandidaten, etwa von Astra-Zeneca, lassen die Stabilitätsdaten auch einen Transport bei zwei bis acht Grad Celsius zu und auch das Zeitfenster für die Logistik ist daher größer. Denn unsere Logistikkette kann diese Temperaturzone problemlos über lange Zeit exakt einhalten. Deshalb könnte man bei diesem und weiteren Impfstoffen die Logistik bundesweit einheitlich organisieren. Das würde die Bundesländer entlasten und einen einheitlichen Standard bei der Belieferung in ganz Deutschland ermöglichen, und zwar nicht nur bei Impfzentren, sondern auch bei Apotheken, Krankenhäusern oder direkt bei Arztpraxen bzw. Alten- und Pflegeheimen.

Transoflex könnte die Impfstoffe an einem beliebigen Ort in Deutschland oder in den einzelnen Bundesländern übernehmen, die Kommissionierung für die einzelnen Impfzentren erledigen und die Zustellung innerhalb von 24 Stunden garantieren, bei Bedarf auch mit Zustellungen bis 8 oder 10 Uhr. Bei dieser bundesweiten Verteilung über ein Netz sinkt der administrative Aufwand für die Auftraggeber, und zwar umso stärker, je mehr Bundesländer sich hier zusammenschließen. Außerdem wird die Bündelung der Transporte erhöht, was gut für die Umwelt ist und nicht zuletzt die Transportkosten senkt. Diese Möglichkeiten bestehen auch für weitere Impfstoffkandidaten mit ähnlichen Stabilitätsdaten.

www.trans-o-flex.com