Ein strahlender Stern nach innen und außen
Der Köcher der Markenführung ist um einen Pfeil reicher geworden: Personal Branding ist ein angesagter Trend in Führungskreisen. Er ist nur noch nicht überall angekommen und wird von vielen gar belächelt. Dabei geht es hier um die einfache Frage, wie man das öffentliche Vertrauen in eine Unternehmensmarke steigern kann. Dafür müssen die personifizierten Leuchttürme des Unternehmens zuverlässig strahlen.

Der vielen bekannte Hans Domizlaff fabulierte in seiner vor vielen Jahrzehnten erschienenen Bibel über Markentechnik vom „Ehrbaren Kaufmann Hermann Schmidt“. Leider wird sein Werk heute kaum noch gelesen oder gelehrt. Stattdessen ranken sich viele Mythen über Markenführung im digitalen Zeitalter, die bei sachkundiger Betrachtung mehr der Selbstvermarktung der meist lauten Sprecher dienen. Zwar hat sich das Instrumentarium der Markenführung durch den digitalen Raum stark erweitert, die grundlegenden Prinzipien haben sich aber nicht verändert. Domizlaff formulierte seiner Zeit die „22 Gesetze der natürlichen Markenbildung“. Wenn man diese Gesetze heute analysiert, stellt man fest, dass nahezu alles weiterhin Gültigkeit besitzt. So fordert er in seinem 12. Gesetz: „Eine Markenware ist das Erzeugnis einer Persönlichkeit und wird am stärksten durch den Stempel einer Persönlichkeit gestützt.“ Das bedeutet kurz gefasst: „Starke Persönlichkeiten sind für eine Marke starke Multiplikatoren.“ Hier kommen die Segnungen des Internets und insbesondere der Sozialen Medien zum Tragen. Denn hier spielt sich viel Leben ab, hier kann man ohne großes Rüstzeug täglich präsent sein. Ich will klar betonen, dass auch analoge Medien weiterhin eine wichtige Rolle spielen, aber der digitale Raum gibt uns Möglichkeiten der Markeninszenierung, die Domizlaff noch fremd waren. Die grundsätzliche Verfahrens- und Wirkweise ist aber seit Jahrzehnten unverändert. Ein Unternehmen muss am Vertrauen der externen und internen Öffentlichkeiten arbeiten, wenn es die allgemeine Reputation verbessern will. Als Botschafter sind Inhaber und Geschäftsführer hervorragend geeignet, wenn sie den Nutzen der Sache erst einmal verinnerlicht haben.
Der Stand der Dinge
Wenn man durch das Netz streift – und damit meine ich nicht nur die einschlägige Wirtschaftsfachpresse – dann kann man von immer mehr Unternehmen und deren Führungspersönlichkeiten lernen, wie Personal Branding funktioniert. Wie der Name sagt, wenden wir hier die Prinzipien der Markenführung auf Personen an. Speziell bei den ganz Großen gehört das Kommunizieren über verantwortliche Personen bereits zum Standardrepertoire und wird meist von den Presseabteilungen betreut. Abzugrenzen ist das Personal Branding von der Spielart „Corporate Influencer“, die ähnliche Ziele verfolgt, aber auf speziell ausgebildete Mitarbeiter als Meinungsbildner setzt.
Köpfe, die immer schon da waren
Das Schöne am Personal Branding: Es war immer schon da. Jeder kennt profilierte Köpfe, die als öffentliches Sprachrohr für ihr Unternehmen in Erscheinung treten. Viele davon haben sich diese Rolle auf ganz natürlichem Wege angeeignet. Entweder, weil sie clevere und weitsichtige Kommunikatoren waren oder weil sie ihrem inneren Drang zur Öffentlichkeit gefolgt sind. Es gibt gute und schlechte Beispiele, wobei es in der Regel die guten sind, an die man sich erinnert.
Profilierung muss man können – und mögen
Aus dem öffentlichen Auftritt resultiert natürlich nicht immer nur Applaus. Wer sich bekennt und Haltung zeigt, wird auch schnell angegriffen. Zugegeben: Das ist im Internet oft eine hässliche Sache. Zu Recht fragt man sich: Will ich mir das antun oder bleibe ich lieber stressfrei unsichtbar? Dabei ist es ein ganz natürlicher Vorgang, wenn geäußerte Meinung auch Gegenmeinung produziert. Man darf das als Inbegriff von Diskussionskultur verstehen, die schlicht und ergreifend den Vorteil hat: Wer diskutiert, wird auch wahrgenommen. Diese Form der Reichweite führt – langfristig geplant – zu Profilierung und darüber zu Gesprächsstoff über eine Marke, die mit Werbegeldern in Qualität und Menge nicht aufzuwiegen ist.
„Wer präsent ist und für seine Themen steht, wirkt nahbarer und meist auch sympathischer als Persönlichkeiten, die darauf verzichten.“
Falsche Zurückhaltung ist falsch
Ich verstehe, dass der Trend zur Selbstinszenierung unter diesen Gesichtspunkten immer auch Befremdlichkeit auslöst. Der Mangel an Zurückhaltung wirkt auf viele Menschen „undeutsch“. Schließlich haben wir mit der Muttermilch eingesogen, dass höfliche Zurückhaltung eine gute Tugend ist. Hier muss jeder selber entscheiden, ob und wie viel Offenheit und Präsenz gut und richtig ist. Dabei ist das Ob heute eigentlich keine Frage mehr. Wer auf das Instrument des Personal Brandings (bewusst) verzichtet, lässt einiges an Chancen und guten Kontakten auf der Straße liegen, während die Wettbewerber sich über die Passivität freuen. Die Chance liegt kurzfristig in vielen Märkten darin, dass eben immer noch zu wenige Köpfe verstehen, wie viele Möglichkeiten hier brachliegen. Speziell in den Unternehmerfamilien mag es natürlich auch gute Gründe geben, das Licht der Öffentlichkeit zu meiden. Der Wunsch nach Diskretion ist hier das Killer-Argument, das natürlich niemandem genommen werden soll, solange es ein bewusster und geplanter Vorgang und kein Akt kommunikativer Trägheit ist.
Nähe zur Öffentlichkeit herstellen
Die Wirkweise dieser Art der Kommunikation schafft gefühlte Nähe. Wer präsent ist und für seine Themen steht, wirkt nahbarer und meist auch sympathischer als Persönlichkeiten, die darauf verzichten. Daher wird Personal Branding ganz oft auch im Sinne des Employer Brandings betrieben und eingesetzt. In größeren Betrieben, in denen der persönliche Kontakt zur obersten Führungsebene kaum mehr für alle Mitarbeiter praktikabel ist, brauchen die Mitarbeiter andere Anknüpfungspunkte, um sich mit ihrer Leitung zu identifizieren. Personal Branding kann so Nähe zur Belegschaft herstellen.
Mitarbeiter wollen mehr über Sie wissen
Um das sinnstiftend zu finden, muss man sich nur die Wünsche der Menschen innerhalb und außerhalb des Unternehmens vorstellen. Es tut gut zu wissen, wer das da oben ist. Und zwar nicht nur als Chef, sondern im Besonderen als Mensch. Dafür braucht es keinen Seelenstriptease. Kleine Häppchen über den Charakter hinter der Krawatte oder im Blazer bewirken oft schon kleine Wunder.
Neben der internen Kommunikation ist in Zeiten der Arbeiterlosigkeit auch der Arbeitsmarkt in den Fokus nahezu aller Unternehmen gerückt. Man darf sicher annehmen, dass sich der Wettbewerb um Fachkräfte dramatisch verstärken wird. In diesem Wettbewerb werden diejenigen Unternehmen die Nase vorn haben, die das Spiel mit der sympathischen Inszenierung in der Öffentlichkeit am besten beherrschen. Methoden wie Personal Branding sind alleine aus dieser Perspektive kein Selbstzweck, sondern werden schlichtweg zur blanken Notwendigkeit, wenn man als Arbeitgebermarke im Kopf potenzieller Mitarbeiter eine Rolle spielen möchte. Wer mit dem Gedanken spielt, zu Ihnen zu wechseln, informiert sich heute ganz genau. Neben Mitarbeiterbewertungen, dem Bewerbungsprozess, Sinnstiftung und anderen Faktoren kommt der öffentlichen Führungskraft eine besondere Bedeutung zu. Sie muss persönliche Nähe schaffen und ein Gefühl des „Den kenne ich schon ein bisschen“ erzeugen. Wenn man sich dann über den Weg läuft, ist man sich gedanklich nicht mehr ganz fremd. Und wenn künftige Mitarbeiter Haltung, Position und Hobbys des Chefs gut finden, dann ist das Eis schneller gebrochen.
Identifikationsfiguren sind nötig
Es braucht also Identifikationsfiguren für künftige und bestehende Mitarbeiter, da heute ein erweiterter Maßstab an uns angelegt wird. Wer darauf verzichtet – und dies nicht wie oben angesprochen sehr bewusst tut – bringt als Arbeitgeber weniger PS auf die Straße, als möglich wären. Es braucht einzig und alleine die Überzeugung, dass das spätestens jetzt wichtig wird und dass Warten versteckte Kosten haben wird. Sie haben recht: Wann soll man das alles noch machen und wer soll das bezahlen?
Achtung vor einfachen Beratungsangeboten
Abhilfe schaffen spezialisierte Kommunikationsberater, die sich auf den Aufbau und die Pflege von Personenmarken spezialisiert haben. Sie finden sich vornehmlich in PR-Agenturen oder sind heute als Coach und Trainer unterwegs. Ich kenne einige sehr gute, die diskret vorgehen und jeden Tag wichtige Impulse liefern können. Damit verhelfen sie den beratenen Inhabern und Geschäftsführern nicht selten zu einer völlig neuen und viel natürlicheren Führungspersönlichkeit. Aber Achtung: Es gibt in diesem Markt mittlerweile mehr schwarze Schafe und selbsternannte Semi-Profis als nachprüfbar gute Leute. Sollten Sie also vor der Wahl stehen: Nehmen Sie sich Zeit und sprechen Sie mit mehreren. Besondere Vorsicht empfehle ich Ihnen immer dann, wenn der Begriff „Authentizität“ fällt. Selbstredend wollen wir ein möglichst natürliches Bild unserer Person in der Öffentlichkeit zeichnen. Dennoch ist der Begriff heute ein ausufernd benutzter und schwülstiger Begriff für eine völlig natürliche Angelegenheit, die meiner Ansicht nach keiner zusätzlichen Erwähnung bedarf.
Langfristigkeit ist Trumpf
Personal-Branding-Beratung ist ähnlich einer psychotherapeutischen Maßnahme. Man muss sie wollen, man muss sich gegenseitig sehr vertrauen und den Willen zur langfristigen Zusammenarbeit mitbringen. Wenn man sich gefunden hat, ist der Rest gutes kommunikatives Handwerk, das mit der Zeit seinen Erfolg bringen wird. Lassen Sie uns noch über Effizienz sprechen. Natürlich sind Investitionen nötig, dafür lassen sich aber dank Social Media viele Werbeausgaben sparen, die man sonst einkaufen müsste. Mit einer cleveren Social-Media-Strategie werden Sie zudem neue Reichweiten schaffen, die bei Passivität unter den Tisch fielen.
Aller Anfang ist leicht
In dieser Ausgabe wollen wir Ihnen Ansatzpunkte für einen guten Start auf dem Weg zur Personal Brand liefern. Ja, am Anfang steht ein Invest, aber das wird sich bezahlt machen und mediale Präsenz wird für die meisten schon nach kurzer Gewöhnungszeit zu einer neuen Normalität werden, die sie nicht mehr missen wollen. Vor allem dann, wenn die Ergebnisse stimmen, wenn sich die Mitarbeiterbindung verbessert, die betriebliche Stimmung aufhellt, Bewerberzahlen wie von Zauberhand steigen und auch die sonstige Öffentlichkeit wohlwollender auf Sie reagieren wird.