Weiterbildung
Die News November 2021

Fehlanzeige!

Diversität in deutschen Unternehmen

Fachkräftemangel? (Noch) Nicht bei uns! Eine überalterte Belegschaft, sprich in ein paar Jahren geht ein großer Teil der Mitarbeitenden in den Ruhestand? Na ja, das Durchschnittsalter liegt bei 43, so schlimm wird das nicht werden! Mehr Frauen in Führungspositionen? Die meisten unserer Mitarbeiterinnen wollen das nicht! Rekrutierung von internationalen Mitarbeitenden? Das ist zu kompliziert und dann das Sprachproblem. Diese Liste an "Diversity-unfreundlichen" Aussagen oder Haltungen ließe sich fortsetzen. Der "German Diversity Monitor 2021" bestätigt: Wir haben in Deutschland ein Diversitäts-Dilemma, denn der Faktor Diversität wird nicht als erfolgskritischer Wirtschaftsfaktor angesehen.

Elke Müller
Lesezeit: ca. 4 Minuten
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Jährlich veröffentlicht die Beyond Gender Agenda GmbH den „German Diversity Monitor“. Diese Studie untersucht, wie die Haltungen zum Thema Diversität in deutschen Unternehmen sind, welche Aktivitäten durchgeführt werden und wo es Handlungsbedarf gibt. Wie auch schon 2020 bestätigt die Studie von 2021, dass „ein Diversitäts-Stillstand in der deutschen Wirtschaft herrscht“. Ein paar Fakten: In nur einem Viertel der Unternehmen ist Diversität auf der obersten Ebene strategisch verankert, in 70 Prozent der Unternehmen gibt es kein Budget für Maßnahmen rund um Diversität und es gibt nahezu keine Transparenz innerhalb der Unternehmen, wie es um die eigene Diversität bestellt ist. Noch immer sind in 60 Prozent der DAX-Vorständen null Prozent Frauen, bei mittelständischen Unternehmen sind die Frauen in den obersten Führungsetagen eher die Ausnahme denn die Regel. Es hat den Anschein, dass die Beschäftigung mit Diversität als „nice-to-have“ betrachtet wird und nicht als ein strategischer und ökonomischer Erfolgsfaktor. Und so steckt die deutsche Wirtschaft seit Jahren in einem „Diversitäts-Dilemma“ fest.

Firmen tun sich schwer

Nun sind Themen wie der Fachkräftemangel, die Überalterung der Gesellschaft, das ungenügende Ausschöpfen der Potenziale für den Arbeitsmarkt bei Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund oder Menschen mit Behinderung keine neuen Themen. Noch tun sich zu viele Unternehmen mit der Auseinandersetzung mit Diversität schwer. Sie sehen die Notwendigkeit für sich (immer noch) nicht oder wissen nicht, wo ein guter Ansatzpunkt sein könnte. Einige der Dimensionen, wie sexuelle Orientierung oder Religion werden als private Themen der Mitarbeitenden wahrgenommen und finden somit keinerlei Beachtung. Dabei könnten diversitätsbewusste Maßnahmen dafür sorgen, den Pool der Bewerberinnen und Bewerber grundsätzlich zu vergrößern. Als Beispiel sei das Thema „Migrationshintergrund“ oder „internationale Kandidatinnen und Kandidaten“ genannt – so ist Deutschland ein Land mit einem hohen Prozentsatz an Migrantinnen und Migranten. Dennoch ist es auch 2021 Tatsache, dass Menschen mit einem „ausländisch klingenden“ Namen sich drei- bis viermal häufiger bewerben müssen, um zu einem Interview eingeladen zu werden als vermeintlich deutsche Bewerberinnen und Bewerber. Hier werden Potenziale viel zu wenig ausgeschöpft.

Transparenz schaffen

So ist ein sehr guter Einstieg, Transparenz zu schaffen, wie divers das Unternehmen aufgestellt ist: Welchen (kulturellen) Hintergrund haben die Mitarbeitenden? Wie ist die Altersspanne und wie sorgen wir dafür, dass Wissen langfristig im Unternehmen gehalten wird? Diskriminieren wir in Stellenausschreibungen oder im Bewerbungsprozess? Wie ist die Haltung der Führungskräfte und in den Teams zu internationalen Mitarbeitenden und zur gezielten Förderung von Frauen? Es ist entscheidend, die Punkte herauszufiltern, die Relevanz im Unternehmen haben.

In vielen Gesprächen höre ich eher Gründe, warum die Beschäftigung mit Diversität mühsam, nicht relevant, zu zeitaufwändig oder tatsächlich auch „bei uns nicht gewünscht“ ist. Dabei geht es beim Einstieg in erster Linie um die Sensibilisierung. Natürlich ist die Einführung einer Diversity-Strategie ohne entsprechende personelle und finanzielle Ressourcen nicht zu machen und sie muss Chefsache sein. Und es muss klar sein, dass Diversity-Mangement ein nachhaltiger strategischer Prozess ist und in der Regel eine Veränderung der Unternehmenskultur bedeutet. Schon allein das Sichtbarmachen einer einzelnen Diversitäts-Dimension, wie kulturelle Herkunft, kann zu einer äußerst positiven Resonanz führen. Hier bietet es sich an, dass die Mitarbeitenden ihre Herkunftskultur vorstellen können. Dieses Sichtbarwerden wird als große Wertschätzung wahrgenommen – mein Arbeitgeber interessiert sich für mich als ganze Person. Daran kann man anknüpfen und das Thema „kulturelle Vielfalt“ in Workshops bearbeiten – das verändert den Blick auf die Kolleginnen und Kollegen und kann das Miteinander entscheidend verbessern.

Weiterbilden, um zu sensibilisieren

Ein weiterer Punkt sind Weiterbildungen, um Führungskräfte für das Thema Diversität zu sensibilisieren: Warum ist es wichtig, sich mit Diskriminierung und vorhandenen Stereotypen und Vorurteilen auseinanderzusetzen? Gerade die Bearbeitung dieses Themas stößt auf Vorbehalte, denn natürlich möchte niemand diskriminieren. Dennoch tun wir es alle und immer wieder – einfach, weil wir uns (noch) nicht mit unserer unbewussten Voreingenommenheit (unconscious bias) auseinandergesetzt haben. Übrigens ist diese fehlende Auseinandersetzung einer der Hauptgründe für Diskriminierung bei der Personalauswahl oder bei der Beförderung. So bleiben die nächsten Potenziale auf der Strecke. Die Auseinandersetzung mit Diversität bedeutet auch die Auseinandersetzung mit den Unternehmenswerten. Diese Diskussion sollte mit einer Gruppe von Mitarbeitenden geführt werden, die die vorhandene Diversität so gut wie möglich widerspiegeln. Es kann sinnvoll sein, die Werte auch im internationalen Kontext, also mit der Tochtergesellschaft im Ausland, zu reflektieren – vor allem dann, wenn kulturelle Vielfalt ein wichtiger Baustein im gesamten Diversity-Puzzle des Unternehmens darstellt.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Diversität in den Unternehmen ein Schatz ist, der aktiv gehoben werden muss. Dafür sind Vorbehalte abzubauen, Haltungen und Werte zu hinterfragen, Mitarbeitende gezielt weiterzubilden und zu sensibilisieren. Ein einzelner Vortrag oder das Hissen einer Regenbogenflagge wird nichts verändern, kleine und konsequente Schritte dagegen schon.

Kurz vorgestellt

Die Compass International GmbH beschäftigt sich mit allen Aspekten rund um Interkulturalität, Diversität und Integration und ist seit über als 25 Jahren Ansprechpartnerin für internationale und interkulturelle Themen in der Personalentwicklung. Als Relocation-Dienstleister unterstützt man internationale Mitarbeitende und deren Familien unter anderem bei der Wohnungssuche, der Erledigung aller anfallenden Behördengänge, der Unterstützung bei der Auswahl der Schule – sprich allen Themen, die organisatorisch an einem internationalen Umzug hängen. Als Beratungsunternehmen beraten die Expertinnen und Experten von Compass Unternehmen, wie die Rekrutierung und Integration internationaler Fach- und Führungskräfte gelingt oder wie Diversität zu einem Erfolgsfaktor wird. Zu den Kunden gehören Konzerne ebenso wie große und kleine mittelständische Unternehmen, Organisationen aus dem sozialen Bereich, Start-ups und Ministerien und öffentliche Einrichtungen.

www.compass-international.de

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