Funktional, ästhetisch, nachhaltig
Im April vergangenen Jahres wurde die neue Karlsruher Hauptfeuerwache in Betrieb genommen. Einen großen und klimafreundlichen Beitrag liefern die Dachflächen des bis zu sechsgeschossigen Gebäudekomplexes in Passivhausstandard. Das über 4.000 Quadratmeter große Dach auf der Fahrzeughalle erhielt eine abwechslungsreich gestaltete, intensiv begrünte Dachlandschaft – eine Lösung, die auch im Gewerbebau zunehmend zum Einsatz kommt.

Mit der Verlagerung des Standorts ihrer Hauptfeuerwache nach Osten erhöhte die Stadt Karlsruhe deren Reichweite ins östliche Stadtgebiet. Gemäß dem Entwurf der Stuttgarter Architekten „H III S Harder Stumpfl Schramm“ und „Eurich Gula Landschaftsarchitektur“ bildet der Neubau ein Ensemble mit der 2017 erbauten integrierten Leitstelle für Feuerwehr, Rettungsdienst und Einsatzplanung Katastrophenschutz.
Klimafreundlich begrünt
Die Gebäude der Hauptfeuerwache – in Teilen aus ressourcenschonendem Recyclingbeton – erfüllen den Passivhausstandard; die in der Energieeinsparverordnung 2014 geforderten Werte werden sogar um rund 30 Prozent unterschritten. Ihre ästhetisch hochwertigen, an die Leitstelle angepassten Fassaden wirken schallabsorbierend. Eine besonders energieeffiziente Wärmeversorgung und die umfängliche Regenwassernutzung sind ebenso nachhaltig wie die Photovoltaikanlage und die vielen Dachbegrünungen. Diese spielen ökologisch wie ökonomisch eine wichtige Rolle und bieten den Feuerwehrleuten zudem viel Raum für Erholung, Sport und Spiel.
Ein Gründach ist immer ein Gewinn: Es sieht gut aus, bindet Staub, Schadstoffe und CO2 und produziert Sauerstoff. Als natürliche Klimaanlage schützt die Dachbegrünung vor winterlicher Kälte und sommerlicher Hitze und spart damit effektiv Energie. Der Natur gibt sie verloren gegangene Fläche zurück und bietet so Pflanzen und Tieren Ersatzlebensräume. Zudem bewahrt sie die Dachabdichtung vor Temperaturextremen, UV-Strahlung und mechanischer Beschädigung und verlängert so wesentlich ihre Lebensdauer. Auch das ist nachhaltig. Vor allem aber sind begrünte Flächen wertvolle Wasserspeicher: Der Gründachaufbau saugt sich wie ein Schwamm mit Wasser voll und verzögert so dessen Abfluss. Das entlastet die Kanalisation während der Abflussspitzen und verringert vor allem den Wasserabfluss und Wasserverlust. „Wertvolles Regenwasser darf nicht einfach in der Kanalisation enden. Wir benötigen so viel wie möglich für die langsame Verdunstung“, so Bauder-Gründachexperte Stefan Ruttensperger. „Klimatechnisch ist das die beste Lösung, der Wasserkreislauf wird gesichert.“
Qualität in Planung, Material und Ausführung
In der neuen Karlsruher Hauptfeuerwache verbringen die Einsatzkräfte viel Zeit. Körperliche Fitness ist für ihren Dienst von zentraler Bedeutung. In logischer Konsequenz wurde eine ganze Reihe von Möglichkeiten eingeplant, um Sport zu treiben und einen psychischen Ausgleich für einsatzbedingte Belastungen zu bekommen. Neben Sporthalle und Fitnessräumen gibt es ein Außensportfeld auf dem Dach der Feuerwache und eine Dachterrasse auf der Fahrzeughalle. Für das gesamte Angebot oberhalb der wurzelfesten Abdichtung besprachen Flor-Design-Geschäftsführer und Landschaftsarchitekt Dipl.-Ing. Tobias Buchen und der Leiter des Fachbereichs Gründach bei Bauder, Dipl.-Ing. Stefan Ruttensperger, die Gründachaufbauten. „Wir begrünen jährlich über 100.000 Quadratmeter Dachfläche und sind mit den Produkten von Bauder bestens vertraut, doch so große Flächen sind eher selten“, betont Buchen. „Besonders war auch, dass fast das gesamte Portfolio zum Einsatz kam – von der einfachen extensiven Begrünung über Wegebau bis zur intensiven Begrünung. Die Substratstärken variieren deshalb von acht bis 160 Zentimeter.“ Für jede Fläche wurden Aufbau und Schüttung genau geplant. Gemäß Bauablaufplanung wurde direkt nach Fertigstellung der ersten Dachflächen mit den Begrünungsarbeiten der Außenanlagen begonnen, um so die Abdichtung zu schützen. Insgesamt wurden die 6.630 Quadratmeter an Dachflächen vielfältig genutzt: Die intensive Begrünung auf der Fahrzeughalle stellt dabei mit 4.329 Quadratmeter den größten Anteil, die extensiv begrünten Dachflächen summieren sich auf 1.320 Quadratmeter.

Aufenthaltsqualität mit ökologischem Nutzen
Die Besonderheit der Hauptfeuerwache ist die große Fahrzeughalle, aus der die Einsatzfahrzeuge bei einem Alarm über ein großes Ausfahrtstor bereits in Formation ausrücken statt über eine Vielzahl von Einzeltoren. Die zweite Besonderheit: Auf ihrem Dach entstand eine über 4.000 Quadratmeter große, modellierte Dachlandschaft, abwechslungsreich gestaltet mit extensiver und intensiver Begrünung, Wegen und Sitzgelegenheiten, einer Boulebahn und einem Nutzgarten. Sie steht den Einsatzbeamten als Erholungs- und Aktivzone zur Verfügung, leistet aber auch im Hinblick auf die Ziele der Kampagne „Grüne Stadt Karlsruhe“ einen wichtigen ökologischen und klimatischen Beitrag.
Alle Anschlüsse und die Randstreifen wurden mit Kies eingefasst. Die elf 5×5 Meter großen Oberlichter im Dach der Fahrzeughalle verbinden das Oben mit dem Unten: Sie versorgen die darunterliegende Halle mit Tageslicht, nachts beleuchten sie den Dachgarten. „Die Lösungen des Gründach-Spezialisten aus Stuttgart erlauben jede individuelle Gestaltung. Bei richtiger Dimensionierung der Vegetationstragschicht, ausreichender Bewässerung und Nährstoffversorgung sind die Bedingungen für das Pflanzenwachstum auf dem Dach fast wie am Boden“, freut sich Ruttensperger über viel Grün und ökologisch wertvolle Retention in der Stadt. Nicht so aufsehenerregend, dafür von geringem Gewicht und pflegearm, aber ebenfalls von großem Nutzen, ist die extensive Begrünung. Diese verlegten die Gartenbauer auf den Dächern der verschiedenen Etagen der Funktionsgebäude und der Garagen.
Fußballplatz auf dem Dach
Auf einem weiteren Dach über dem 4. Obergeschoss südlich auf dem Riegelgebäude wurde gemäß Planung auf einer Fläche von 26,5×18 Metern ein Außensportfeld angelegt. Hier verlegten die Begrüner auf dem Schutzvlies ein 20 Millimeter hohes Drän- und Speicherelement, die „Baudergreen DSE 20“, und verfüllten es mit mineralischem Schüttstoff sowie einer elastischen Tragschicht. Auf dem folgenden Filtervlies wurde Kunstrasen ausgelegt. Das Speicherelement ermöglicht auch bei der künstlichen Auflage die wertvolle Wasserrückhaltung.