Recht & Steuern
Die News Oktober 2021

Kein unromantisches Tabu

Mit einem Ehevertrag das Unternehmen schützen

Das Scheitern einer Ehe ist schmerzlich. Die Ehepartner haben nicht nur mit den emotionalen Verletzungen und Enttäuschungen zu kämpfen, sondern müssen alles daransetzen, ihre betroffenen Kinder zu schützen und die mit einer Ehescheidung verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen zu bearbeiten. Wenn Unternehmensbeteiligungen, nennenswerte Erbschaften und/oder erhebliches in der Ehe erwirtschaftetes Vermögen vorhanden ist, ist volle Konzentration gefordert.

Daniela Mailänder
Lesezeit: ca. 6 Minuten
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Ist viel Vermögen im Spiel, besteht nicht nur ein erhebliches Streit- und Kostenrisiko, sondern auch die Gefahr, dass die familiäre Auseinandersetzung zu einer ernsthaften Bedrohung eines Unternehmens wird. Oftmals genügt die Liquidität eines Ehegatten neben einer Unternehmensbeteiligung nicht, um die vermeintlichen Ausgleichsansprüche des Ehepartners zu befriedigen. Ohne Fremdfinanzierung und im schlimmsten Fall ohne existenzielle Auswirkungen für das Unternehmen können die Ansprüche des anderen Ehegatten nicht erfüllt werden. Dieses Risiko gilt es auch im Hinblick auf die mit dem Unternehmen verbundenen Arbeitsplätze und die künftige Existenzsicherung zu minimieren. Eheverträge sind hierfür das geeignete Werkzeug.

Nicht immer halbe-halbe

Der Gesetzgeber hat für die Ehe den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft vorgesehen. Das bedeutet aber keineswegs, dass jeder Ehegatte jeweils hälftig am Gesamtvermögen der Ehepartner beteiligt ist. Die Zugewinngemeinschaft ist nichts anderes als eine Gütertrennung mit Ausgleichsanspruch bei Rechtskraft der Ehescheidung oder nach drei Jahren andauernder Trennung. Das bei Eheschließung vorhandene Vermögen eines jeden Ehegatten wird bewertet. Dem Anfangsvermögen werden Erbschaften und Schenkungen zugerechnet. Das Anfangsvermögen und der privilegierte Erwerb werden um den Verbraucherpreisindex bereinigt und dann mit dem bei Eintritt des Güterstandes vorhandenen Vermögen verglichen. Der Ehegatte, der während der Ehe einen höheren Zugewinn erzielt hat, ist dem anderen Ehegatten mit der Hälfte der Differenz ausgleichspflichtig. Der berechtigte Ehegatte hat keine Teilhabe, sondern nur finanziellen Ausgleichsanspruch. Das BGB ist zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten, als die sogenannte Hausfrauenehe das Leitbild regelte. Den regelmäßig nicht erwerbstätigen Ehefrauen sollte eine angemessene Teilhabe an der wirtschaftlichen „Lebensleistung“ der Ehegatten gewährt und auch für den Todesfall der Erbteil um ein Viertel des Nachlasses pauschal erhöht werden.

Wann eine Schieflage droht

Dieses vom Grundsatz her angemessene Instrument kann aber zu einer Schieflage führen. Das ist dann der Fall, wenn ein bei Eheschließung vorhandenes Brachland während der Ehe in Bauland mit Werterhöhung umgewandelt wird. Eine Schieflage kann auch entstehen, wenn bei Eheschließung vorhandenes Vermögen erhebliche Wertverluste erleidet und damit die gemeinsame Lebensleistung, die sich nur in der sonstigen Vermögensbildung dieses Ehegatten widerspiegelt, aufgrund der Zugewinnbilanz keinen Ausgleich mehr findet. Keine Schieflage, aber eine Bedrohung stellt die Zugewinngemeinschaft für den ausgleichspflichtigen Ehegatten dann dar, wenn dieser während der Ehe erfolgreich ein Unternehmen gegründet oder eine Unternehmensbeteiligung erworben hat, die in der Bewertung einen erheblichen Wertzuwachs erfuhr, ohne dass Liquiditätsreserven oder private liquide Mittel vorhanden wären. Der ausgleichspflichtige Ehegatte wird in einem solchen Fall nicht in der Lage sein, den Ausgleichsanspruch des anderen Ehepartners zu erfüllen. Möglicherweise wird dies auch zur Folge haben, dass die Existenzgrundlage gefährdet ist.

Die Gestaltungsspielräume der Ehepartner

Diese Risiken will der Gesetzgeber in einem angemessenen Rahmen zur Disposition der Ehepartner stellen und hat deshalb in Paragraf 1408 BGB eine vertragliche Regelungsbefugnis verankert. Danach gilt: „Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Ehevertrag regeln, insbesondere auch nach Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern.“ Die Ehegatten können demnach abweichend vom gesetzlichen Güterstand diesen unter Einhaltung der geltenden Formalien ausschließen und die sogenannte Gütertrennung vereinbaren. Sie können den gesetzlichen Güterstand modifizieren und schließlich auch den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbaren. Der Güterstand der Gütergemeinschaft wird nicht vertieft, da dieser in der Praxis keine Rolle spielt. Die Gütertrennung sieht vor, dass beim Scheitern der Ehe der zuvor dargestellte Ausgleich nicht stattfindet. Auch erhöht sich der Erbteil des Ehegatten nicht. Diese Regelung ist aber im Regelfall nicht interessensgerecht.

Gängig ist die modifizierte Zugewinngemeinschaft. Der Ausgleichsanspruch ist geschwächt; im engsten Fall geht es gerade noch darum, das Steuerprivileg der Zugewinngemeinschaft zu erhalten. Der Zugewinn ist im Erlebensfall ausgeschlossen, nur im Todesfall wird ausgeglichen. Ergänzend in anderen Fällen werden einzelne Vermögensgegenstände, pauschal Erbschaften oder Zuwendungen aus der Bewertung des Zugewinns herausgenommen. Diese Vermögensteile werden dann weder im Anfangs- noch im Endvermögen berücksichtigt. Den Gestaltungsspielräumen der Ehepartner sind hier kaum Grenzen gesetzt. Den Maßstab hat der BGH in seiner Grundsatzentscheidung vom 11. Februar 2004 (AZ XII ZR 265/2002) skizziert. Danach muss jeder Ehevertrag den Überwachungskriterien a) der Wirksamkeitskontrolle zum Zeitpunkt der Eheschließung und b) der Ausübungskontrolle zum Zeitpunkt des Berufens auf den Ehevertrag durch die Familiengerichte standhalten. Die Vertragschließenden und ihre juristischen Berater müssen unter Beachtung der Kriterien der Wirksamkeitskontrolle insbesondere dafür Sorge tragen, dass

  • jede Vertragspartei über sämtliche relevanten Vertragsumstände vollständig informiert ist,
  • beide Vertragsparteien die Gelegenheit hatten, den Vertragsinhalt zu prüfen und sich hierzu beraten zu lassen,
  • keine bei Vertragsschluss bereits absehbare unbillige Lastenverteilung erfolgt und
  • keiner der (künftigen) Ehegatten zum Abschluss des Vertrages gedrängt oder gar genötigt wurde.

Sollte das Gericht zu dem Ergebnis gelangen, dass diese beispielhaften Kriterien nicht eingehalten werden, kann dies zur Nichtigkeit des Ehevertrags führen. Regelmäßig hilft dann auch eine „Salvatorische Klausel“ nicht, den Vertrag aufrechtzuerhalten, denn diese ist bei einer unbilligen Vertragsgestaltung selbst Ausfluss dieser Unbilligkeit. Der Vertrag darf nicht zur Unzeit geschlossen werden und, dies erachtet die Autorin für besonders bedeutsam, es sollten dem Vertragswerk ausführliche Vorbemerkungen vorangestellt werden, um einem mit der Auslegung des Vertrags befassten Gericht möglichst die Lebensplanung und die Situation bei Vertragsschluss darzustellen.

Im Rahmen der Ausübungskontrolle prüft das Familiengericht, ob die ursprünglich getroffene (wirksame) Vereinbarung aufgrund der Entwicklung während der Ehe nicht mehr der Billigkeit entspricht. Ein klassisches Beispiel hierfür ist, dass die Beteiligten bei Eheschließung davon ausgingen, dass in der Ehe keine Kinder geboren, beide durchgehend berufstätig sein werden und vor diesem Hintergrund der Unterhalt eingeschränkt, der Versorgungsausgleich ausgeschlossen wurde und die Gütertrennung vereinbart ist. Kommt dann wider Erwarten in der Ehe ein Kind zur Welt, das von einem Elternteil überwiegend betreut wird, der für die Betreuung seine berufliche Entwicklung aufgibt oder einschränkt, wird die Rechtsprechung dem anderen Ehegatten das vollständige Berufen auf die Regelungen im Ehevertrag untersagen und die Klauseln im Rahmen der Billigkeit bis hin zur Unwirksamkeit auslegen. Es ist somit Aufgabe des juristischen Beraters, mögliche abweichende Lebensverläufe von der ursprünglichen Lebensplanung bereits bei Abschluss des Vertrages zu ermitteln und diese im Vertragswerk vorzusehen und den Vertrag insgesamt ausgewogen zu gestalten, keiner der Parteien eine besondere Last aufzuerlegen und für Verzicht auf Teilhabe sogenannte Kompensationsklauseln aufzunehmen. Bei Gütertrennung eines Unternehmers ohne auszugleichende Altersversorgung und einem sozialversicherten Ehepartner ist es zwingend, neben der Gütertrennung auch den Versorgungsausgleich insoweit auszuschließen, als der Ehepartner ausgleichspflichtig wäre und im Übrigen eine Verpflichtung des Unternehmers zur Ansparung eines Kapitalausgleichs zu verpflichten.

Eheverträge regelmäßig prüfen

Eheverträge können zu jedem Zeitpunkt der Ehe geschlossen werden. Bei bestehender gesellschaftsvertraglicher Verpflichtung zur Befreiung von Verfügungsbeschränkungen, Sicherstellung, dass keine Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen erfolgt und dass Gesellschaftsvermögen vom Zugewinn auszuschließen ist, bedarf es zwingend eines Ehevertrags vor Eheschließung. Kein Ehegatte ist nach Eheschließung mehr verpflichtet, einer von der gesetzlichen Regelung zu seinen Lasten abweichenden vertraglichen Regelung zuzustimmen. Sofern die Güterstandsschaukel in Anspruch genommen wird, erfolgt der Vertragsschluss nach Eheschließung. Schließlich sollten die Ehepartner zeitliche Abläufe und Entwicklungen berücksichtigen. Es ist unbedingt ratsam, mindestens Eheverträge, die vor dem Jahr 2004 beurkundet wurden, auf ihre (fortdauernde) Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Vor der vorbezeichneten Grundsatzentscheidung des BGH fanden sich die Wirksamkeitskriterien ausschließlich im allgemeinen Teil des BGB in den Anfechtungstatbeständen. Dennoch werden die vor 2004 abgeschlossenen Eheverträge uneingeschränkt der dargestellten Überprüfung zur Ausübungs- und Wirksamkeitskontrolle unterzogen. Dringend zu empfehlen ist aber auch die Überprüfung von Eheverträgen, die nach diesem Zeitpunkt geschlossen wurden, sofern sich die Lebenssituation geändert hat. Manch einer, der sich durch seinen Ehevertrag mit seinem Vermögen geschützt sah, hat hier schon böse Überraschungen erleben müssen.

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