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19. September 2022

Warum die digitale Transformation in Familienunternehmen oft scheitert

Lesezeit: ca. 3 Minuten
The KonG / shutterstock.com

Die digitale Transformation ist für Unternehmen im Mittelstand herausfordernd genug. Doch warum fällt gerade Familienunternehmen der Veränderungsprozess so schwer?

Wer glaubt, dass es sich bei der Digitalisierung um ein ausgelutschtes Thema handelt, der ist schief gewickelt. Es geht grade erst los. Auch wenn es schon vor 100 Jahren Wandel und Veränderung gab, so gibt es einen zentralen Unterschied, der vielen zu schaffen macht: Die Zyklen der Veränderung werden immer kürzer. Und das sind wir als Unternehmen und als Mensch häufig nicht gewohnt. Was gestern noch richtig war, kann heute schon falsch sein. Wie schaffen wir es also, die Veränderung zu managen? Wir thematisieren hier die zentralen Stellschrauben für mittelständische Familienunternehmen.

Herausforderungen bei der Digitalisierung

  • Die Kultur: Unter Kultur verstehen wir eine unternehmensübergreifende Haltung, die individuell entwickelt werden muss, aber zum Beispiel auch Governance, agile Arbeitsmethoden, Kundenzentrierung, Werte und weiteres enthält. Aus meiner Erfahrung heraus verfügen viele familiengeführten Mittelständler zwar über ein Wertegefüge, haben aber versäumt, dieses an die Gegebenheiten einer digitalen Welt anzupassen und/oder dies wirklich umzusetzen.
  • Die Technologie: Technologie ist nur ein Teil der digitalen Transformation von Unternehmen, aber Sie muss Bestandteil dessen sein. Aus meiner Erfahrung heraus gibt es häufig fehlendes Know-how über die Relevanz von Technologien innerhalb des Unternehmens. Ich empfehle einen strategischen Ansatz mit Hilfe von Spezialisten, die über den richtigen „Tech-Stack“, ausgerichtet an den Bedürfnissen, aber auch unternehmensübergreifend und langfristig den richtigen Einsatz koordinieren.
  • Die Kompetenzen: Kompetenzen kann man sicherlich aus verschiedenen Perspektiven betrachten – auch hier ist ein strategischer Ansatz zu empfehlen, unter Berücksichtigung operativen Quick-Wins.  Grundsätzlich und ohne zu detailliert zu werden, empfehle ich einen Kompetenzen- Lehr und/oder Schulungsplan für
    –       das Unternehmen
    –       Geschäftsführung, Fachabteilungen und Geschäftsbereiche
    –       jeden Mitarbeiteden persönlich.
    Hierbei bieten Tools wie „Kajabi“ unglaubliche Möglichkeiten, einfach und unkompliziert Schulungsprogramme auch online umzusetzen.

Spezielle Besonderheiten im Mittelstand

Neben den allgemeinen Herausforderungen gibt es aber auch Herausforderungen, die speziell den Mittelstand betreffen. Ich habe drei (exemplarische) Besonderheiten herausgearbeitet.

  • Challenge 1: Kooperation
    Familienunternehmen denken häufig nicht ausreichend in Ökosystemen. Bei Ökosystemen arbeiten verschiedene Unternehmen gemeinsam, in dem sie Produkte und/oder Dienstleistungen bündeln um einen Mehrwert zu bieten. Dabei kann es sogar zur Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbern kommen. PWC stellt dazu fest, dass es eines veränderten Rollenverständnisses bedarf, der dem familiengeführten Mittelstand häufig schwerer fällt als zum Beispiel Konzernen. Man sein nur noch „ein kleines Rädchen im Getriebe“, hört man häufig als Argument. Das bedeutet auf der einen Seite eine starke Fokussierung auf Kernkompetenzen bei gleichzeitig komplett neuen Anforderungen an das Management.
  • Challenge 2: Verantwortung
    Viele Familienunternehmen übernehmen seit Generationen Verantwortung – auch in der eigenen Region. Das ist sicherlich unabdingbar, um auch Fachkräfte anzuziehen und auch zu halten. Wie sieht unternehmerische Verantwortung im digitalen Zeitalter aber aus? Das gilt es künftig zu erarbeiten. Ich sehe hier noch viel stärker die Aus- und Weiterbildung im Betrieb, nicht nur durch fachliche Weiterentwicklung, sondern auch durch das Angebot einer persönlichen Weiterentwicklung als wichtig an.
  • Challenge 3: Unternehmensnachfolge
    Familiengeführte Mittelständler haben die eigene Unternehmensnachfolge als Daueraufgabe zu bewältigen. Gleichzeitig sind wir in einer Welt zuhause, die sich so schnell ändert, dass es auch gilt, ständig neue Führungsmaßstäbe zu etablieren und umzusetzen. Zudem ist häufig zu beobachten, dass sich die Nachfolge nicht mehr aus der eigenen Familie bewältigen lässt. Wie lässt sich also eine Unternehmens-Governance so gestalten, dass sie den veränderten Rahmenbedingungen gerecht wird?Die Familienunternehmen sind ohne Zweifel das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Damit das so bleibt, müssen nicht nur generellen, sondern auch die spezifischen Herausforderungen der Digitalisierung gemeistert werden. Die Voraussetzungen sind aber gegeben. Innovationskraft und Mut, aber auch persönliche Kompetenzen und neue Modelle der Zusammenarbeit, etwa Kooperation, sind gefragt, auch diesen Herausforderungen gerecht zu werden.

www.hubertusporschen.com


Der Autor: Dr. Hubertus Porschen ist Buchautor, Unternehmer, Strategieberater und Keynote Speaker. Zudem hat er von 2015 bis 2018 als Vorsitzender von „Die Jungen Unternehmer“ tiefe Einblicke in die Herausforderungen deutscher Familienunternehmen bekommen.